Basketballclub Vienna

Stjepan Stazic: „Meine Mama war immer schon meine wichtigste Kritikerin“

Stjepan Stazic nimmt sich eine Auszeit. Mit uns sprach der Wiener Meisterkapitän und erfolgreichste österreichische Basketballer aller Zeiten über seinen bisherigen Werdegang, seine Motivation und weitere Ziele.

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BCV-Onlineredaktion: Stjepan, wann hast du entschieden eine Pause einzulegen und warum?

Stjepan Stazic: Ich hege den Gedanken schon lange, jetzt habe ich ihn lediglich öffentlich ausgesprochen. Der Meistertitel 2013 war Lohn für unglaublich harte Arbeit über mehrere Jahre hinweg. Darauf kann man sich aber nicht ausruhen. Vielmehr verpflichtet der Meistertitel zu noch mehr Anstrengungen in allen Bereichen. Derzeit kann ich dem Wiener Basketball mehr dienen, wenn ich abseits des Courts mein Bestes gebe. Es geht darum, den Verein nachhaltig zu positionieren und fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen. Es gibt viel zu tun.

BCV-Onlineredaktion: Was sagt deine Familie zu deiner Entscheidung eine Pause einzulegen?

Stjepan Stazic: Meine Kinder haben sich gefreut, sie haben gedacht ich würde mehr Zeit zum Spielen haben. Es ist nur leider so, daß ich jetzt genauso viel arbeite wie vorher auch. Meine Frau unterstützt mich wie eh und je, ob ich 20 Stunden im Büro bin oder in der Halle.

BCV-Onlineredaktion: Du bist mit Abstand erfolgreichster Basketballsportler dieses Landes. Um nur einige Highlights zu nennen: mit jungen 18 Jahren ABL-Meister mit St. Pölten, gleich danach der erste heimische Basketballer in einer europäischen Topliga unter Vertrag. Und zwar nicht bei irgendwem, sondern du wurdest als Top-Talent von Zeljko Obradovic zum damaligen italienischen Meister Benetton Treviso geholt. Was Mourinho im Fußball, ist Obradovic im Basketball – mit 8 Euroleague Titeln der unangefochten beste Trainer Europas. Danach zweifacher Champion in Frankreich mit Limoges: Ligameister und Cupsieger. Im selben Jahr die Krönung: Europacupsieger. Du hast als bisher einziger Österreicher an einem European Final Four teilgenommen. Du warst danach mit einem Fuß in der NBA, hast dich aber mit dem österreichischen Nationalteam so schwer verletzt, daß es mehrere Jahre und Zwischenstationen in Traiskirchen, Griechenland, Spanien – du bezeichnest diese Zeit im Nachhinein selbst als Chaoszeit – gebraucht hat, bis du 2007 fast im Alleingang mit durchschnittlich 44 Play-Off-Punkten pro Spiel dem damaligen BC Vienna zum Aufstieg in die erste Liga verholfen hast. Als letzter Coup der ABL-Meistertitel im letzten Jahr. Was treibt dich eigentlich an?

Stjepan Stazic: Bevor ich auf die Frage antworte, danke für die Zusammenfassung. Einiges habe ich schon fast vergessen (lacht). Mein Bruder Peki (Anm.: Petar Stazic Strbac, General Manager des BCV) und ich – ich war damals 14 – haben uns als Buben ein gemeinsames Ziel gesetzt. Wir haben uns fest vorgenommen, Profibasketballer zu werden. Unsere Vorbilder waren immer Typen, die härter und fokussierter sein wollten als ihre Konkurrenten. Somit würde man auch irgendwann mal besser werden als die anderen. Mein Bruder hat sich leider in seinen Jugendjahren verletzt, somit war der Traum für ihn vorbei. Ich war schon seit jeher sehr hart zu mir selbst.

BCV-Onlineredaktion: Ist es ausschießlich die Härte zu sich selber, die zählt?

Stjepan Stazic: Zusätzlich zur Härte und Disziplin habe ich auch eine ordentliche Portion Leidenschaft an den Tag gelegt. Außerdem ist es wichtig, mehrere Optionen im Kopf zu haben für den Fall, daß etwas nicht auf den ersten Anhieb klappt. Kopfarbeit ist mindestens genauso wichtig wie Muskelaufbau und körperliche Fitness. Und das Wichtigste überhaupt ist der Glaube an sich selbst und die Zuversicht, daß man seine Ziele erreichen kann.

BCV-Onlineredaktion: Was waren in deiner bisherigen Karriere die größten Hindernisse?

Stjepan Stazic: Gute Frage. Es waren nicht die Verletzungen und auch nicht ärgerliche Niederlagen. Die größten Hindernisse waren seit meinem 14. Lebensjahr und seit dem Entschluss Profi werden zu wollen vielmehr die vielen demotivierenden Aussagen vermeintlicher Basketballexperten. Ich habe nicht nur einmal gehört: Das schaffst du nie! Als ich den Traum von Italien geäußert habe, hörte ich das Selbe: Das schafft der nie! Ich investierte all mein Taschengeld in Italienisch Sprachkurse und habe mindestens 5 Stunden am Tag trainiert. Mit 18 war ich bei Obradovic in Treviso. Und ratet doch, was mir gesagt wurde als ich vor einigen Jahren laut davon geträumt habe, Wien an die Spitze des heimischen Basketballs zu bringen? Ich habe meinen Bruder überzeugt seine Karriere als Fotomodel an den Nagel zu hängen und aus Mailand nach Wien zu kommen um den BC zu managen. Heute sitzen wir hier und ich darf stolz verkünden: Wien ist ABL-Meister.

BCV-Onlineredaktion: Hat dich das ständige Ankämpfen gegen Vorurteile vielleicht sogar noch mehr ermutigt?

Stjepan Stazic: Zweifelsohne. Es hat mich nicht nur stärker gemacht sondern auch entschlossener.

BCV-Onlineredaktion: Erzähl uns doch mal bitte von deinem ersten Engagement im Ausland.

Stjepan Stazic: Ich war 18, frisch gebackener österreichischer Meister. Ich war so ein typisches junges Talent, ein hungriger Wilder. Ich fuhr damals mit meiner Mutter und meinem Bruder mit unserem roten Renault Clio nach Treviso. Einen Manager habe ich nicht gehabt. Das erste Training war ganz schlecht, meine Mutter war sehr streng mit mir danach. Meine Mutter ist übrigens bis heute meine wichtigste Kritikerin und gleichzeitig meine größte Motivatorin. Mein Bruder Peki ist seit jeher mein wichtigster Supporter gewesen. Ohne die beiden wäre das alles vielleicht gar nicht möglich gewesen. Aber zurück ins Jahr 1997 nach Treviso: nach der Schelte von Mama kam dann am nächsten Tag das erste Testspiel bei dem ich 40 Punkte gemacht habe. Mama war zufrieden (lacht).

BCV-Onlineredaktion: Wie war die Zusammenarbeit mit Zeljko Obradovic? Es war sicher kein Honigschlecken. Hast du dich schnell eingelebt?

Stjepan Stazic: Es war sehr hart, eine Qual. Zwar habe ich aus dem Wiener Käfig die wichtigsten körperlichen Skills mitgenommen. Mein Wurf war gut, meine Dunks waren wuchtig. Aber meine taktischen Kenntnisse reichten am Anfang für das europäische Level nicht aus. Das war ein Armutszeugnis, vor allem für unsere heimische Nachwuchsarbeit. Ich kam als österreichischer Meister nach Treviso und musste mir dennoch erst grundlegende taktische Fähigkeiten aneignen. Dieses Problem sehe ich leider bis heute bestehen, wir haben massiven Nachholbedarf im taktischen und strategischen Bereich. Je weniger man in der Jugend lernt, umso länger dauert es später Korrekturen vorzunehmen. Einige unserer heimischen Talente hätten von ihrer körperlichen Anlage das Zeug zum Sprung ins Ausland, sie werden jedoch taktisch falsch oder gar nicht geschult. Das macht mir große Sorge. Ich habe es am eigenen Leib erlebt, hatte aber das Riesenglück bei ausgezeichneten Trainern zu lernen und so meine Defizite im taktischen Bereich noch rechtzeitig auszubessern. Ich musste etwa erst lernen, daß es manchmal besser ist nicht 40 sondern nur 2 Punkte im Spiel zu machen.

BCV-Onlineredaktion: Der Sprung in die NBA ist dir aufgrund der Verletzung im Nationalteam leider nicht geglückt. Was war danach?

Stjepan Stazic: Ich bin insgesamt 3 Jahre danach nicht wirklich in Fahrt gekommen. Habe zwar in Griechenland und Spanien gespielt, war aber nie wirklich zufrieden mit mir. Irgendwann reichte mir dieses ständige Herumlavieren und und ich sagte zu mir: entweder du hörst auf oder du startest noch einmal voll durch. Ich habe das Zweitere getan und wollte es so richtig wissen. In Traiskirchen habe ich quasi den Anlauf genommen um im Jahr darauf bei Partizan Igokea in Bosnien anzuheuern. Wir haben es bis ins Finale geschafft. So richtig glücklich war ich dann in Surgut, damals galt die russische Liga als die stärkste Europas. Ich habe es als Bursche aus Wien – die nicht wirklich als Basketballstadt galt – zum zweiten Mal geschafft. Ich habe es mir also nach der Verletzung noch einmal bewiesen und war absolut zufrieden.

BCV-Onlineredaktion: Und dann begann endgültig das Kapitel Wien?

Stjepan Stazic: Richtig. Für mich war es einfach nicht akzeptabel, daß meine Stadt regelmäßig von – ich möchte es schön und höflich sagen – kleineren Ortschaften aus den Bundesländern als Punktelieferant erniedrigt wurde. Und wie schon vorher angedeutet: Die Meisten haben gemeint es sei Unmöglich in Wien etwas ernst zu Nehmendes aufzubauen. Und da machte es erneut Klick und ich habe den Entschluss gefasst: Wien muss Basketball werden. Wien wurde zu meiner neuen Obsession. Je stärker der Gegenwind umso stärker die Motivation. Die jungen Wienerinnen und Wiener haben sich ihren eigenen Großstadtklub verdient, sie sollen sich nicht ausschließlich an ausländischen Teams orientieren müssen. Eine Lokomotive hat augenscheinlich gefehlt. Wir haben mit fokussierter Ehrlichkeit, harter Arbeit und Leidenschaft das Vertrauen der Stadt und einiger Sponsoren gewonnen. Außerdem haben mein Bruder und ich fast alles, was wir uns die Jahre vorher erarbeitet haben in den Wiener Traum investiert. Nichts ist geschenkt, alles ist hart erarbeitet. So ist das Leben. So ist es aber auch gut.

BCV-Onlineredaktion: Wo geht die BC-Reise langfristig hin?

Stjepan Stazic: Wir werden unseren Nachwuchs aufbauen und nachhaltig absichern genauso wie die finanzielle Basis des BC. Wir wollen den ABL-Meistertitel verteidigen und wir wollen in der Euro Challenge unser Wien und unser Land würdig vertreten. Angesichts der ethnischen Zusammensetzung der Wiener Bevölkerung ist es für uns jedoch absolut logisch, daß wir in die Adriatic League müssen. Dort gehört Wien hin. Wir wollen den Wienerinnen und Wienern die wirklich großen Klubs vom Balkan und der Türkei bieten. Ich freue mich jetzt schon auf tolle Basketballfeste und warte nur noch darauf, daß mir der erste sagt: Das schafft ihr nie! Wer weiß, vielleicht stehe ich dann wieder am Court. (lacht)

BCV-Onlineredaktion: Hast du noch eine Message an unsere jungen Leserinnen und Leser?

Stjepan Stazic: Gerne. Glaubt an euch und an eure Träume. Hört nie auf eure Neider und lasst euch von niemandem erzählen, ihr schafft es nicht. Wenn ihr leidenschaftlich kämpft mit absoluter Hingabe schafft ihr alles!

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